Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg e.V.
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Selbst bestimmt leben trotz Handicap

   20. Februar 2001
Behinderten-Selbsthilfeorganisationen fordern einen Modellversuch „Persönliches Budget“ in Baden-Württemberg
Menschen mit Behinderungen wollen als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger in der Gesellschaft leben. Sie wollen selbst verantwortlich für ihr Leben sein – weg vom „Objekt der Fürsorge“ hin zum „Subjekt des Handelns“. Diese Kehrtwende in der Behindertenpolitik wurde mit dem Entwurf eines Sozialgesetzbuches IX unter dem Leitmotiv „Teilhabe und Selbstbestimmung“ eingeleitet. In den Niederlanden und in Großbritannien werden bereits seit einigen Jahren Konzepte zur verstärkten Selbstbestimmung behinderter Menschen erprobt. Die Zeit ist reif, auch in Baden-Württemberg für Menschen mit Behinderungen das Konzept eines „Persönlichen Budgets“ einzuführen, damit sie selbst über Art, Weise und Umfang der von ihnen benötigten Hilfen bestimmen können. Der Landesverband Baden-Württemberg der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung und der Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte Baden-Württemberg haben gemeinsam ein Konzept entwickelt. Die beiden Behinderten-Selbsthilfeorganisationen fordern einen baden-württembergischen Modellversuch. Behinderte Menschen sollen durch so genannte Geldleistungen selbst die Mittel in Händen halten, mit denen sie sich die notwendige Unterstützung im Alltag einkaufen können. In Stuttgart haben heute Vertreter der beiden Organisationen die Konzeption an Landessozialminister Dr. Repnik überreicht.

Hans-Ulrich Karg, Vorsitzender des Landesverbandes für Körper- und Mehrfachbehinderte erläutert die wichtigsten Eckpunkte der Konzeption:
  • Es wird ein Gesamtbudget aus allen notwendigen Hilfen bestimmt, auf die der behinderte Mensch einen Rechtsanspruch hat. Dazu gehören vor allem persönliche Assistenz und Sachkosten.
  • Die Geldleistungen können volljährige Menschen mit Behinderung erhalten, unabhängig davon, ob sie in ihrer eigenen Wohnung oder in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben.
  • Der Umfang des „Persönliches Budgets“ wird in einer Hilfeplankonferenz mit allen Beteiligten festgelegt. Behinderte Menschen können dazu eine Vertrauensperson hinzuziehen.
  • Der Verbraucherschutz wird gestärkt. Persönliche Beratung und umfangreiche Information wird sicher gestellt, damit Menschen mit Behinderungen unabhängig von der Art und Schwere ihrer Behinderung das „Persönliche Budget“ nutzen können.
  • Das Modell ist eine Alternative zur Sachleistung. Menschen mit Behinderungen erhalten dadurch erstmals die Wahlmöglichkeit zwischen Geld- und Sachleistung.
  • Die Teilnahme an dem Modell ist freiwillig.
  • Der Modellversuch wird in mehreren Regionen in Baden-Württemberg eingerichtet; er startet zum 1. Januar 2002 und dauert drei Jahre.
  • Der Modellversuch wird wissenschaftlich begleitet; ein Modellbeirat unter Einbeziehung der Selbsthilfeverbände behinderter Menschen wird eingerichtet, in dem auch Menschen mit Behinderung selbst mitarbeiten.
Die Bedeutung des „Persönlichen Budgets“ beschreibt Peter Benzenhöfer, Vorstandsmitglied des Landesverbandes Lebenshilfe und selbst behindert: „Ich weiß doch selbst, was ich will! Mit einem Persönlichen Budget könnte ich endlich mein Leben stärker selbst in die Hand nehmen.“ Mit der vorgelegten Konzeption geben die beiden Verbände einen Anstoß zur Weiterentwicklung der Behindertenpolitik in Baden- Württemberg. Ziel des Modellversuchs ist es, die Hilfeform des „Persönlichen Budgets“ als Alternative zum bisherigen System flächendeckend einzuführen.

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