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Digitale Teilhabe von Anfang an barrierefrei und inklusiv gestalten! | |
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Stuttgart, 05.05.2021. Spätestens seit Beginn der Coronakrise reden alle von Digitalisierung. Sich mit Freunden im Biergarten treffen, geht derzeit ebenso wenig wie der spontane Einkaufsbummel. Analog war gestern, digital ist heute. Ist die digitale Welt barrierefreier? Welche Hürden stellen sich für Menschen mit schweren Behinderungen und wie lassen sie sich überwinden? Darum ging es bei der gemeinsamen Tagung des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung und der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart mit über 140 Teilnehmern aus ganz Deutschland – aufgrund der Coronakrise nur online. Der Blick in den Alltag: wer finanziert die Ausstattung und die Assistenz? Eher ernüchtern ist der Blick in den Alltag. Inklusionsbotschafter Pierre Mayer lebt recht selbstbestimmt im ambulant betreuten Wohnen – und ist als Mensch mit Einschränkungen derzeit von der digitalen Teilhabe ausgeschlossen: „Ich hätte mir mein iPad mini, niemals selbst leisten können, wenn ich es nicht geschenkt bekommen hätte. Allein kann ich es noch nicht nutzen. Und ich hänge noch in der Luft und weiß nicht, ob und wann man mir die notwendige Assistenz zur Nutzung des iPad zahlt.“ Auch Inklusionsbotschafter Sebastian Fuchs kennt solche Hürden.Er nutzt mit Hilfe der Sprachsteuerung intensiv sein Smartphone, um sich beispielsweise mit Freunden über WhatsApp auszutauschen. „Aber ich kann nicht mit dem Smartphone zahlen, da ich das Passwort nicht über einen Sprachbefehl eingeben kann. Auch scheitere ich oft an Eingabemasken in Formularen, denn die sind nicht barrierefrei. Und während meine Kollegin in Windeseile über die App das Mittagessen bestellt, habe ich noch nicht mal das Restaurant meiner Wahl gefunden.“ Mayer und Fuchs sind sich einig, dass sich Menschen mit Behinderungen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, sich die teure Ausstattung mit Geräten gar nicht leisten können. „Unser Sorge ist, dass wir sozial ausgegrenzt werden, weil wir einen eingeschränkten Zugang in die digitale Welt haben. Wir brauchen eine umfassende digitale Barrierefreiheit, Finanzierung der technischen Ausstattung und die erforderliche Assistenz bei der Nutzung. Wichtig ist auch, dass Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen bei der Entwicklung von Apps von Anfang beteiligt werden. Wir wissen, was wir brauchen.“ Live in die Online-Konferenz aus dem improvisierten Studio im Tagungshaus Hohenheim zugeschaltet: die Gesprächsrunde mit den Inklusionsbotschaftern des Landesverbandes Sebastian Fuchs und Pierre Mayer, Jutta Pagel-Steidl (Moderation)
Easy reading – ein Werkzeug, das Internetseiten für alle zugänglich macht „Wir alle brauchen das Internet. Und daher darf niemand ausgeschlossen werden“, sagt Prof. Dr. Christian Bühler von der TU Dortmund. „Hürden sind schwere Sprache und Fremdworte, zu viele Informationen, eine schwere Bedienung.“ In einem von der EU geförderten Forschungsprojekt wurde gemeinsam mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen ein Werkzeug entwickelt, um Internetseiten für alle leichter zugänglich zu machen. „Alle nutzen dieselbe Internetseite. Das Softwaretool unterstützt, die Internetseite besser zu verstehen und zu nutzen. Deshalb gibt es verschiedene Werkzeuge zur Vereinfachung der Internetseite. Die Seite wird aufgeräumt und dadurch übersichtlicher. Texte werden vorgelesen, schwere Worte kann man sich erklären lassen oder ein Lineal hilft beim Lesen. Ziel ist es, das alle selbständig im Internet surfen können.“ Das Softwaretool easy reading ist ein Add-on für den Browser und frei verfügbar. CABito – das barrierefreie Informationssystem Vor rund zehn Jahren gaben Werkstatträte der Ulrichswerkstätten Schwabmünchen den Impuls für ein „digitales schwarzes Brett in der Werkstatt für behinderte Menschen“. Daraus entwickelte sich das barrierefreie Informationssystem CABito. „Menschen mit Behinderungen sind in die Entwicklung eingebunden und sie bauen in der WfbM das System, das sich längst bundesweit zu einem echten Verkaufsschlager entwickelt hat“, so Katja Weh-Gleich. „Egal, welche Kommunikationsbarriere da ist, sie kann überbrückt werden.“ Der Bildschirm lässt sich intuitiv über Touchscreen bedienen. Informationene lassen sich einfach und individuell darstellen durch Text, Bild und Sprache. „So kommt jeder auf seine Weise an die Infos, die er möchte.“ Mit CABito lässt sich der Speiseplan anzeigen und vorlesen, Fotos und Videos von Festen präsentieren oder Erklärvideos zur Arbeitssicherheit zeigen. Und dank der Verbindung mit dem Internet ist der Weg frei zu den neuesten Fußballergebnissen, zur Wetterseite und zu den Nachrichten in Leichter Sprache. „Man braucht kein IT-Fachmann zu sein, um das System mit neuen Infos zu füttern. Die Inhalte lassen sich ganz leicht zentral aktualisieren“, so Weh-Gleich. PIKSL Labore als offene Orte in die digitale Welt PIKSL bringt Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen, um innovative Ideen durch Inklusion zu verwirklichen. PIKSL bedeutet "Personenzentrierte Interaktion und Kommunikation für mehr Selbstbestimmung im Leben". „Menschen mit Behinderugnen erleben jeden Tag Hürden. Sie sind Experten im Abbau von Hürden und der Weitergaben von Wissen“, erläutert Tobias Marczinik vom PIKSL Labor Düsseldorf. „Die Idee ist, im Quartier einen Begegnungsraum für alle zu schaffen, in denen der Umgang mit Technik, Geräten und Medien ausprobiert werden kann. Dabei geht es aber auch Schutz vor Cybermobbing, Datenschutz und mehr. Wir arbeiten nach dem Buddy-Prinzip, so dass immer ein Tandemspartner dem anderen Wissen vermitteln kann. Und zwar in dem jeweils passenden Lerntempo.“ Stylish kommen die Labore daher und nicht altbacken. Die Erzählung riss die Teilnehmer förmlich mit und so wurden im Chat bereits Netzwerke geknüpft, um die Idee auch in Baden-Württemberg zu importieren. Noch Zukunftsmusik: Anträge online und barrierefrei stellen „Digitale Teilhabe bietet Chancen für alle“, davon sind sind Patrick Alberti, Kreisbehindertenbeauftragter des Rhein-Neckar-Kreises und Monika Tresp, Referentin bei der Fachstelle Inklusion des Gemeindetages Baden-Württemberg, überzeugt. „Menschen mit Behinderungen können sich einmischen und mitgestalten.“ Gemeinden und Landkreisen seien auf dem Weg, digitale Angebote zu schaffen. „Dabei ist uns der Austausch mit den Betroffenen wichtig, um Schwachstellen aufzuspüren und noch besser zu werden.“ Seit 2020 müssen die Internetseiten müssen barrierefrei sein, was eine offizielle Überwachungsstelle stichprobenweise prüft. Und das Online-Zugangsgesetz verpflichtet Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsdienstleistungen digital anzubieten – und barrierefrei. Der Weg dahin ist noch weit. Barriererefreie Stadtführung für alle in Reutlingen – auch auf schwäbisch Alles begann mit der Idee, eine Stadtführung für gehörlose Menschen in Reutlingen zu entwickeln – daraus wurde eine „lebendige Stadtführung für die Hosentasche – barrierefrei und inklusiv für alle Menschen“, so Michael Embery, Behindertenbeauftragter der Stadt Reutlingen. Herausgekommen ist eine App, die satellitengestützt durch die Stadt führt. Es gibt Videos mit Gebärdensprache und Untertitel, Fotos der Sehenswürdigkeiten, Texte in Leichter Sprache. Taktile Glasstelen an den Sehenswürdigkeiten machen diese „begreifbar“. Und als besonders Schmankerl zum Schmunzeln gibt es die Erklärungen auf schwäbisch, gesprochen vom Reutlinger Comedian dodokay. „Wesentliches Element ist, dass die App stetig weiterentwickelt wird“, so Embery. Für das Projekt gab es den 2. Preis beim Bundesteilhabepreis 2020. Im Moment läuft die letzte Testphase der App, die ab Juni verfügbar sein wird. Barrierefrei musizieren mit Apps Haste Töne, miit iPad Musik machen? Geht – und wie! In einem mitreißenden Vortrag zeigte Patrick Schäfer, Musiker und Lehrer am KBBZ Halberg in Saarbrücken sowie Gründer und Bandleader der Formation „iBand-Saar“, wie das zu schaffen ist. „Dann kann ein Rollifahrer auch Schlagzeug spielen.“ Mit einem einfachen Farbkonzept lassen sich mit iPads Musik machen. Eine durchsichtige Overheadfolie auf das iPad gelegt, farbige Punkte für die Töne draufgeklebt und die entsprechende App geladen – und schon geht’s los. Schäfer experimentiert mit unterschiedlichen Apps und entwickelt auch einfache Hilfsmittel. „Musizieren mit Bewegung“ nennt er das. Das „Instrument“ am Arm befestigt und schon entstehen mit jeder Bewegung Töne. Alle können mitmachen und sind begeistert dabei. Auch bei den Tagungsteilnehmern entwickelt sich das Gänsehautfeeling beim virtuellen Konzertbesuch. „Das Einfachste ist der Auftritt. Mit der Band auf der Bühne stehen, musizieren, fertig. Der viel größere Aufwand ist davor. Auf Tournee zu gehen, heißt jede Menge Logistik vom barrierefreien Tourbus, Toiletten, Rampen ...“, so Schäfer. Musik verbindet. Mehr Infos [externe Links] Easy Reading CABito PIKSL Labor Überwachungsstelle für mediale Barrierefreiheit des Landes Baden-Württemberg Stadtführung für alle in Reutlingen Barrierefrei musizieren mit Apps | |
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