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„Besondere Kinder brauchen besondere Lehrer!“ – „Reutlinger Erklärung“ setzt klares Signal für den Erhalt eines eigenständigen Studiengangs „Lehramt Sonderpädagogik“ | |
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Reutlingen / Stuttgart, 20. Juli 2013 – „Inklusion ohne Sonderpädagogik geht nicht!“ Damit traf Prof. Dr. Bernd Ahrbeck vom Institut für Rehabilitationswissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin den Nerv der Teilnehmer der Fachtagung „Inklusion und Lehrerbildung“ auf dem Hochschulcampus der Pädagogischen Hochschule in Reutlingen. Die von Kultus- und Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg eingesetzte Kommission zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung hatte im März 2013 vorgeschlagen, den eigenständigen Studiengang „Lehramt Sonderpädagogik“ abzuschaffen. Sonderpädagogik soll – so die Expertenvorstellung – solle künftig nur noch im Rahmen der Stufengänge „Lehramt Grundschule“ und „Lehramt Sekundarstufe“ als Ersatz für ein Unterrichtsfach studiert werden können. „Nicht akzeptabel“ nannte bereits im März der Landesverband für Menschen mit Körper – und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg diesen Vorschlag. Dies sieht auch der Landesbehindertenbeirat Baden-Württemberg so. Foto: Vertreter der verschiedenen sonderpädagogischen Fachrichtungen stellen die jeweiligen Besonderheiten ihrer Fachrichtung vor
„Wie können Kinder mit Behinderung und sonderpädagogischem Förderbedarf unabhängig vom Lernort künftig ihr Recht auf Bildung wahrnehmen?“ Diese Frage stand im Mittelpunkt der Fachtagung, die kurzfristig von zehn Verbänden und Institutionen (Berufsverband Deutscher Hörgeschädigtenpädagogen, Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik, Förderkreis Reutlinger Lehrerbildung, Pädagogische Hochschule Heidelberg – Institut für Sonderpädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg – Fakultät für Sonderpädagogik Reutlingen, Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg, LERNEN FÖRDERN Landesverband Baden-Württemberg zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen, Staatliche Seminare für Didaktik und Lehrerbildung – Abteilung Sonderschulen, Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, Verband Sonderpädagogik) gemeinsam organisiert wurde. Rund 230 Eltern und Sonderpädagogen kamen, um eine passende Antwort auf diese Frage zu finden. „Inklusion ohne Sonderpädagogik geht nicht!“In seinem Vortrag hob Prof. Dr. Bernd Ahrbeck hob hervor, dass es vor allem um Kinder mit ganz individuellen Beeinträchtigungen geht. Und so individuell wie diese Kinder sind, so individuell müsse auch die Lehrerbildung sein, um diesen Kindern wirklich gerecht werden zu können. Es sei ein folgenschwerer Irrtum, anzunehmen, die Qualität der pädagogischen Förderung ließe sich steigern, indem auf eine einschlägige, auf das einzelne Kind bezogene Fachlichkeit verzichtet werde. Wenn Fördermittel nur noch systemisch vergeben werde, bestehe die große Gefahr, dass die Hilfe, auf die das einzelne Kind einen Anspruch hat, nicht wirklich bei ihm ankomme. So wünschenswert auch eine verbesserte Unterrichtsarbeit vor Ort im Sinne aller Kinder sei: Kinder mit Behinderung brauchen auch etwas Besonderes, eine Förderplanung, die speziell auf sie abgestimmt sei. Mit dem Einsatz von Mitteln, die „unspezifisch allen“ dienen soll, werde ihnen am Ende nur wenig geholfen sein. Ahrbeck: „Wenn Behinderung durch Begriffsentsorgung unsichtbar gemacht wird, bleiben behinderte Kinder mit ihren speziellen Bedürfnissen auf der Strecke. Die Qualität der pädagogischen Arbeit sinkt, das Alltägliche ersetzt eine fachspezifische Professionalität, auf die nicht verzichtbar werden kann.“ Einig war sich Ahrbeck mit den Teilnehmern, dass ein Mehr an Gemeinsamkeit von behinderten und nicht behinderten Kindern begrüßenswert sei. „Dazu bedarf es wohlbedachter Lösungen, die vom Kindeswohl ausgehen, dem Realitätsprinzip verpflichtet sind und sich ideologischer Zuspitzungen enthalten.“ „Besondere Kinder brauchen besondere Lehrer!“Prof. Dr. Rainer Trost (PH Ludwigsburg) stellte die Ergebnisse der Expertenkommission zur Lehrerbildung in Baden-Württemberg vor. „Diese Vorschläge bedeuten eine weitere Reduzierung der sonderpädagogischen Studieninhalte. Wir brauchen aber gut ausgebildete Spezialisten, die die Kinder begleiten und fördern.“ Foto: moderierte Statementrunde am Nachmittag mit Vetretern der beteiligten Verbänden
„Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht!“Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg mahnte: „Wir dürfen nicht vergessen, dass Eltern behinderter Kinder in den 1960er und 1970er Jahren die Umsetzung des Rechts auf Bildung für ihre Kinder hart erkämpft haben. Zuvor galten schwer behinderte Kinder als "bildungsunfähig". Das sind zugleich die Wurzeln unseres Verbandes. Ohne gut ausgebildete Sonderpädagogen können Kinder mit Behinderung ihr Recht auf Bildung nicht in vollem Umfang wahrnehmen - unabhängig vom Lernort. Eine umfassende Diagnostik bildet die Grundlage für einen individuellen Förderplan, der im Laufe der Schulzeit ständig angepasst wird. Auch bei körperbehinderten Kindern ist die Bandbreite der Beeinträchtigung sehr groß. Auf der Diagnostik fußt daher die sonderpädagogische Förderung des Kindes. Dies ist eine dauerhafte Aufgabe. Daher brauchen wir gut ausgebildete Sonderpädagogen in allen Fachrichtungen. Eine "Generalistenausbildung" wird den Bedürfnissen der Kinder mit Behinderung nicht gerecht.“ Die Vertreter der einzelnen Verbände warnten davor, den eigenständigen Studiengang „Lehramt Sonderpädagogik“ abzuschaffen. Sie begrüßen jedoch den Vorschlag der Expertenkommission, in alle Lehramtsstudiengänge ein Basiswissen Sonderpädagogik aufzunehmen. Einstimmig verabschiedeten die Teilnehmer eine „Reutlinger Erklärung“ zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung.
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