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„Ohne reden leben“ – Fachtag „Kommunikation“ begeisterte... | |
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Blick auf Ulis BLISS-Tafel
Stuttgart , 19.09.2012 . Kommunikation ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Sich ausdrücken zu können und verstanden zu werden, ist für (laut-)sprechende Menschen selbstverständlich. Doch wie „reden“ Menschen ohne Lautsprache? Welche Hilfen brauchen sie im Alltag? Wie können sie in vollem Umfang am Leben in der Gemeinschaft teilhaben? Ist „alle inklusive“, das Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention womöglich unerreichbar? Über 100 Menschen mit Behinderung, deren Angehörige sowie Fachleute aus der Behindertenhilfe suchten bei der Tagung „Kommunikation bei Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen“ des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung und der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart Wege zur Teilhabe. „Ohne Kommunikation geht nichts“, so Prof. Dr. Georg Renner von der Katholischen Hochschule Freiburg. „Menschen brauchen Kommunikationsstrukturen und Partner, die die Sprache des anderen verstehen. Um selbst bestimmt leben zu können brauchen Menschen mit Behinderung Assistenz zur Umsetzung des Wunsches.“ Renner nennt ein ganz alltägliches Beispiel: „Wie will ich geweckt werden? In welcher Reihenfolge möchte ich mich waschen, mich anziehen? Was möchte ich zum Frühstück essen und trinken?“ Kommunikation braucht Zeit. Und was empfiehlt Renner Angehörigen oder Mitarbeitern in Wohneinrichtungen? „Achtsam sein, sich einlassen auf die Zeichen die der Mensch mit Behinderung sendet.“ In Umbruchsituationen, beispielsweise beim Wechsel von der Schule in das Arbeitsleben oder wenn ein Notfall die sofortige Aufnahme in eine Klinik oder in ein Wohnheim erfordert, sei die Gefahr für den Mensch mit Behinderung groß, die Selbstbestimmung zu verlieren. „Wer versteht die Sprache, wen die Bezugsperson weg fällt?“ Udo Witteck aus Pforzheim ist Vater einer heute 46-jährigen Tochter Ute mit schweren Behinderungen und bestätigt die Aussage des Wissenschaftlers und gibt Einblicke in das Leben der Familie. Im letzten Schuljahr wurde mit ihr geübt, mit der BLISS-Tafel zu reden. Doch die Tafeln waren so groß und unhandlich, dass Ute sich im Alltag schwer tat. Und als sie in die Werkstufe kam, waren die BLISS-Tafeln plötzlich weg. Ute blieben zur Kommunikation wieder nur Kopfnicken oder Kopfschütteln, Gestik, Gebärden oder Laute, um die Menschen in ihrer Nähe ihre Wünsche mitzuteilen. „Um diese Verständigung zu erreichen, ist eine lange Aufbauarbeit erforderlich, braucht es langjährige Bezugspersonen. Jeder Mitarbeiterwechsel wird sowohl für Ute als auch für uns als Familie daher zu einer Katastrophe. Alles beginnt wieder bei „Null“. Seit einigen Monaten hat Ute ein „ICH-Buch“, das ihr leichter ermöglicht, mit anderen zu kommunizieren. Vater und Tochter sorgen sich am meisten, wie der einmal gefundene Weg zur Kommunikation nachhaltig, also auch in Umbruchphasen, gesichert werden kann. Mühevoll und langwierig ist es auch, die notwendigen Kommunikationshilfen finanziert zu bekommen. „Ute leider sehr, wenn sie sich nicht mit den Menschen in ihrer Nähe verständigen kann.“ Wie es ist, ohne reden zu leben, weiß der 38-jährige Ulrich Schütze aus Stuttgart und berichtet aus seinem Alltag. Im Alter von 15 Jahren lernte er die BlISS-Symbole kennen. „Ein Lehrer hat extra Unterricht mit mir gemacht. Innerhalb weniger Wochen habe ich meine erste kleine Symboltafel gehabt. Das war ein richtig gutes Gefühl, dass ich etwas sagen konnte ohne langes Nachfragen von meinem Gegenüber.“ Heute umfasst die BLISS-Tafel etwa 300 Symbole sowie die einzelnen Buchstaben des Alphabets. „Ich zeige mit meiner linken Hand auf die einzelnen Symbole oder Buchstaben und der Zuhörer fügt die Worte dann zu einem Satz zusammen. Die Tafel ist für mich eine große Hilfe. Aufgrund meiner eingeschränkten Motorik kann ich die Tafel besser verwenden als eine elektronische Sprechtafel.“ Die 17-jährige Annabelle aus Karlsruhe kommt dagegen prima mit ihrem Talker zurecht. Einmal im Monat treffen sich Menschen mit Behinderung, die mit Hilfe eines Talkers kommunizieren, zum „Talker-Stammtisch“. Sonderschullehrer Markus Knab organisiert seit zwei Jahren den Stammtisch. Ein Leben ohne Talker wäre für Annabelle undenkbar. Um sich mit Freunden regelmäßig austauschen zu können, hat sie das Skypen für sich entdeckt. „Das macht richtig Spaß!“ Unter dem Motto „Singen mit und ohne Worte“ sang der Chor des Landesverbandes des Gehörlosen Baden-Württemberg noch eine Hommage an Stuttgart. Das Leben in Stuttgart mit „Stäffele runter, Stäffele hoch“ wurde statt mit Worte mit Gesten beschrieben. Ohne reden leben... Ein Video vom Aktionstag finden Sie hier. | |
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